Katharina Leitgeb
20. Aug. 20192 Min.
Du suchst nach Antworten.
Länger schon. Manchmal bittend und flehend, manchmal verbissen. Du wartest auf ein Zeichen, du ziehst dir Karten und befragst die Sterne. Du hoffst auf jemanden der die Lösung kennt und dich aus diesem Zustand erlöst. Du lauscht nach Innen und Außen, doch alles was du hörst ist nichts als Stille.
Halt inne: Bist du dir sicher, dass du die richtige Frage stellst?
Die richtige Frage zu stellen, ist eines der machtvollsten Instrumente, davon berichten schon viele alte Märchen. Oft löst das Stellen der richtigen Frage schon das Problem selbst, enthält im innersten Kern bereits die Antwort. Mach dich also zuerst auf die Suche nach der Frage.
Nach DEINER Frage.
Und dann lass sie los, so wie ein Bogenschütze den Pfeil. Beschäftige dich nicht länger damit, lenk dich ab, vertrau darauf, dass die Antwort dich eines Tages finden wird.
Wie schreibt R. M. Rilke so wunderschön:
Man muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen – und
dann gebären…
Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.
Er kommt doch!
Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind, als ob die Ewigkeit
vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit…
Man muss Geduld haben
Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.
(Rainer Maria Rilke, Über die Geduld)